Aufbewahrungsfristen festlegen: müssen, dürfen, sollen, wollen
Wer Aufbewahrungsfristen festlegen muss, steht meist am Berg. Mit diesen vier Modalverben geht es einfacher:
müssen: Gesetzliche Aufbewahrungsfristen sind verpflichtend. Sie gehören zur Compliance. Am bekanntesten ist Art. 958f OR: Geschäftsbücher und Buchungsbelege sind nach Ende des Geschäftsjahrs 10 Jahre aufzubewahren. Art. 46 Arbeitsgesetz und Art. 116 Unfallversicherungsverordnung erfordern, dass Arbeitszeiterfassung und Lohnbuchhaltung nach Ende des Kalenderjahrs 5 Jahre aufbewahrt werden. Das sind schon fast die einzigen nicht-branchenspezifischen Aufbewahrungsfristen. Ah ja: Art. 70 Mehrwertsteuergesetz will die Vorsteuer bei Immobilien 20 Jahre lang dokumentiert haben. Das betrifft aber nur Belege zu unbeweglichen Gegenständen und nicht die ganze MWST-Buchhaltung.
dürfen: Personendaten dürfen nur so lange bearbeitet werden (und dazu gehört aufbewahren), wie der Zweck besteht, zu dem sie erhoben wurden. Die Datenschutzgesetzgebung definiert hier keine Zeitdauer, diese muss selbst interpretiert werden. Man kann von «maximaler Aufbewahrungsfrist» sprechen. Einen Ausweg bietet das Archivieren zur historischen Überlieferung: Es stellt quasi einen neuen Zweck dar und gilt datenschutzrechtlich als Ersatz für das Vernichten der Unterlagen.
sollen: Verjährungsfristen sind für die Aufbewahrung nur eine Empfehlung. Man darf Unterlagen auch während der Verjährungsfrist vernichten. Nur ist man dann nicht mehr dokumentiert, wenn einer kommt. Darum gehört die Verwendung von Verjährungsfristen als Aufbewahrungsfristen zur Good Governance. Art. 127 OR setzt 10 Jahre für die Verjährung, wenn das Bundeszivilrecht nichts anderes bestimmt. Dieser Artikel ist der am häufigsten verwendete für das Setzen von Aufbewahrungsfristen. Überall, wo man mit Dritten geschäftlich zu tun hat, wird man diese Frist wählen. Nach Art. 128 OR verjähren hingegen bereits nach 5 Jahren Forderungen für Miet- und andere Zinsen, Handwerker- und andere Dienstleistungen sowie aus dem Arbeitsverhältnis.
wollen: Worüber wollen Sie dokumentiert bleiben, weil die Informationen nachgefragt werden oder für Ihre Organisation einen Wert haben? Worüber wollen Sie das Wissen nicht verlieren? Das ist ihre Entscheidung, setzen Sie auch danach Ihre Aufbewahrungsfristen oder archivieren Sie auf unbestimmte Frist!